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Trotz aller Schwierigkeiten: Man werde mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen zurechtkommen und als Mittelständler kreative Lösungen finden - das war das positive Fazit der Teilnehmer des Expertenpanels zur NE4 (Foto: CBT)

FRK-Breitbandkongress 2023

Ausbau der NE4: Wer soll das bezahlen?

Die Sorge, Kunden bei der Umstellung auf das Einzelinkasso zu verlieren und Unschärfen in den gesetzlichen Rahmenbedingungen: Das sind Unwägbarkeiten, mit denen sich Netzbetreiber angesichts des näher rückenden Endes des Sammelinkassos zum 30. Juni 2024 konfrontiert sehen. Ob dieses den Ausbau der NE4 beschleunigen würde, sahen die Teilnehmer der Podiumsdiskussion am 6. September, dem ersten Tag des Kongresses des Fachverbands Rundfunk und BreitbandKommunikation (FRK) in Leipzig, eher skeptisch.
 
Dietmar Schickel, TK-Experte von DSC Dietmar Schickel Consulting GmbH sagte: "Es gilt die Macht des Faktischen. Man muss mit dem Gesetz leben." Die TKG-Novelle sei schlecht gemacht, habe aber immerhin bewirkt, dass mehr über Glasfaser diskutiert werde. Die Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen wachse. 

"Irgendwer wird für die Infrastruktur bezahlen müssen"

Wolfgang Heer, Geschäftsführer BUGLAS, wies auf die hohen Kosten für den Ausbau der NE4 hin. Die Telekommunikationsbranche dümpele bei den gleichen Umsätzen wie vor 20 Jahren herum, und dies angesichts gestiegener Kosten. "Irgendwer wird für die Infrastruktur bezahlen müssen." Diese Frage würde im Referentenentwurf des TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetzes, das eine Technikerpauschale von 60 Euro enthält, nicht befriedigend gelöst.
 
Der FRK-Vorsitzende Heinz-Peter Labonte befürchtete: "Die Business-Pläne der Private-Equity-Unternehmen gehen nicht auf, da zu wenig Glasfaseranschlüsse gebucht werden."
 
Gábor Csomor, Geschäftsführer von willy.tel, sagte zur Rentabilität, es mache einen Unterschied, ob ein Unternehmen ein komplett neues Netz baue oder ob man ein etablierter Netzbetreiber sei, ob klein oder groß, und das gebaute Netz schon zum Teil abgeschrieben habe. "Doch auch wir fragen uns, ob wir die Preise noch lange halten können."
 
Kritik wurde am Glasfaserbereitstellungentgeld (das TK-Unternehmen laut TKG für die Errichtung und den Betrieb einer gebäudeinternen Glasfaserinfrastruktur erheben können, in der Summe höchstens 540 Euro pro Wohneinheit, Ergänzung der Redaktion) geäußert. Claus Wedemeier, Leiter Referat Demografie und Digitalisierung beim Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), bezeichnete es als ein "inkonsequentes Instrument": Das Entgelt hätte die Chance geboten, sogar eine Vollfinanzierung der neuen Infrastruktur zu ermöglichen.

Steigende Kosten für Verbraucher?

Verbraucher werden durch das Einzelinkasso wahrscheinlich mit höheren Preisen für ihren TV-Anschluss rechnen müssen. Csomor sagte, für DVB-C werde durch das Einzelinkasso ein Preis von 5 bis 6 Euro nicht mehr möglich sein.
 
Laut den Informationen der Verbraucherzentrale würden bisher beim Einzelinkasso meist Preise von unter 10 Euro aufgerufen, sagte Michael Gundall, TK-Experte bei der Verbraucherzentrale NRW. Wedemeier wollte keine Preise nennen, da die meisten Umstellungen noch nicht stattgefunden hätten und daher keine repräsentativen Daten vorlägen.

Verunsicherung der Kunden durch unlautere Vertriebspraktiken

Auch die Verbraucherschützer raten generell dazu, Glasfaseranschüsse zu buchen, wenn es Ausbauvorhaben gebe. Gundall registriert seit etwa dreieinhalb Jahren zunehmende Anfragen dazu. Es herrsche zum Teil Verunsicherung bei den Verbrauchern: Als Gründe dafür nannte er negative Berichte über die Ausbaupraxis von Unternehmen, eine lange Dauer zwischen Vertragsabschluss und Baubeginn, große Preissprünge vom ersten auf das zweite Vertragsjahr und den Zwang zur Abschließung eines Nutzungsvertrags.
 
Auch Wedemeier berichtete über schlechte Praktiken, es geben schlimme Falschaussagen von Vertriebsmitarbeitern.

"Größte Bremse für den Glasfaserausbau"

Bei aller Wichtigkeit der Diskussion um die NE dürfe man nicht vergessen, mahnte Heer: Die größte Bremse für den Glasfaserausbau sei, wenn die Netzebene 3 nicht flächendeckend ausgebaut werde. "Wir schaffen Löcher". 

Frustration über die Langsamkeit der Justiz

Der Branchenverband ANGA wie auch der FRK hatten im Herbst 2022 Verfassungsbeschwerde gegen das entschädigungslose Sonderkündigungsrecht eingereicht. Bisher hätten beide Verbände dazu noch keine Rückmeldung erhalten. FRK-Vorstandsmitgleid Uwe Rehnig betonte, bei der Klage gehe es nicht darum, bestehende Verträge aufrecht zu erhalten, sondern um Nachbesserungen beim TKG. 
 
Trotz aller Schwierigkeiten: "Wir Mittelständler haben die Möglichkeit, individuelle Lösungen zusammen mit der Wohnungswirtschaft zu finden. Das ist unser Wettbewerbsvorteil", sagte Csomor.