ANZEIGE

ANZEIGE

Frequenzvergabe

WRC-23: Initiative sieht DVB-T2 und 5G Broadcast in Gefahr

Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen (ARK) schlägt Alarm: Wenn die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) bei der Weltfunkkonferenz (WRC-23) einen Teil der aktuell für DVB-T2 verwendeten Frequenzen im UHF-Band zugeschlagen bekommen, könnte dies zur Folge haben, dass das terrestrische Digitalfernsehen (DVB-T2) nicht fortgeführt werden kann und es für 5G Broadcast, den Rundfunkmodus des Mobilfunkstandards 5G, keine Perspektive mehr gibt.

Szenarien bei Frequenzumwidmungen an BOS

In einer Analyse, die die ARK auf Wunsch der Rundfunkvertreter der Länder erstellte, beschreibt die Allianz drei Szenarien bei anteiligen Frequenzumwidmungen aus dem UHF-Band an BOS und ihre Auswirkungen auf die Rundfunk- und Kulturbranche. Das Dokument, das Cable!vision Europe vorliegt, wurde heute an die Staatskanzleien der 16 Bundesländer verschickt.

  • Szenario 1: Rundfunk verliert 2 Kanäle (16 MHz); BOS gewinnt 20 MHz (+10 MHz Bestand)
  • Szenario 2: Rundfunk verliert 5 Kanäle (40 MHz); BOS gewinnt 20 MHz
  • Szenario 3: Rundfunk verliert 10 Kanäle (80 MHz); BOS gewinnt 60 MHz

Alle drei Szenarien führen zu Einschränkungen für die Rundfunk- und Kulturbranche.

Im Szenario 1 verliert die drahtlose Produktionstechnik PMSE, die etwa für Funkmikrofone auf Konzerten, im Theater oder bei Filmproduktionen genutzt wird, 10 Prozent der Kapazität, es geht eine von sechs TV-Bedeckungen (ein DVB-T2-Multiplex) in bedeutenden Teilen Deutschlands verloren und die Einführung von 5G Broadcast würde erschwert bzw. verteuert. Für eine BOS-Nutzung wäre ein sekundärer Status für den Mobilfunkdienst erforderlich. Eine Auslandskoordinierung für zwei TV-Kanäle wäre notwendig. BOS könnte ansonsten die Frequenzen nur in einigen Gebieten Deutschlands nutzen.

Im Szenario 2 verliert PMSE 25 Prozent der Kapazität, es gehen zwei von sechs TV-Bedeckungen in großen Teilen Deutschlands verloren und die Einführung von 5G Broadcast wäre wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. Für eine BOS-Nutzung wäre ein koprimärer Status für den Mobilfunkdienst aufgrund des erhöhten Störumfangs erforderlich. Umfangreiche Auslandskoordinierungen mit ungewissem Ausgang sind notwendig. BOS könnte ansonsten die Frequenzen nur in einigen Gebieten Deutschlands nutzen. Alle DVB-T2-Empfänger in der Umgebung von BOS-Basisstationen werden gestört. Damit ist ein Betrieb von DVB-T2 in Deutschland nicht mehr möglich.

Im Szenario 3 verliert PMSE 50 Prozent der Kapazität, es gehen drei von sechs TV-Bedeckungen fast überall in Deutschland verloren, teilweise sogar vier. Die Einführung von 5G Broadcast ist nicht mehr möglich. Für eine BOS-Nutzung wäre ein koprimärer Status für den Mobilfunkdienst aufgrund des erhöhten Störumfangs erforderlich. Äußerst umfangreiche Auslandskoordinierungen mit sehr ungewissem Ausgang sind notwendig. BOS könnte ansonsten die Frequenzen nur in einigen Gebieten Deutschlands nutzen. Alle DVB-T2-Empfänger in der Umgebung von BOS-Basisstationen werden gestört. Damit ist ein Betrieb von DVB-T2 in Deutschland nicht mehr möglich.

In allen drei Szenarien müssten die Betroffenen entscheiden, welche Programme nicht mehr über DVB-T2 verbreitet werden könnten. Da viele große europäische Länder wie Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien keine Umwidmung des UHF-Bands anstreben, erscheint zudem eine erfolgreiche Koordinierung zumindest für die Szenarien 2 und 3 unrealistisch. Dann wäre eine Nutzung weder für BOS noch für den Rundfunk möglich.

Die Initiative zieht in ihrer Abschätzung das Fazit, dass keine Frequenzumwidmung („No Change“) die beste Lösung für alle Beteiligten darstelle. Wie in allen europäischen Ländern könne BOS eine Vorrangstellung im 700- oder 800-MHz-Band erhalten.
Die Weltfunkkonferenz WRC-23, auf der über die Frequenzzuweisung nach dem Jahr 2030 entschieden wird, findet vom 20. November bis 15. Dezember 2023 in Dubai statt.

Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen

ist eine gemeinsame Initiative von ARD, Deutschlandradio, Media Broadcast, den Medienanstalten, SOS – Save Our Spectrum, Sennheiser, VAUNET, ZDF und des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI. Die Initiative setzt sich für die Sicherung des UHF-Spektrums im Bereich 470 bis 694 MHz auch nach 2030 für terrestrischen Rundfunk und drahtlose Produktionstechnik ein.

Autor: Dr. Jörn Krieger